Nach nunmehr zwei Jahren Grundausbildung unserer beiden jungen Islandstuten, wollten wir für uns ein kleines Resümee ziehen.
Nicht, dass wir am Ende unseres Lernens angekommen sind, viel mehr
wollen wir gemeinsam noch vieles zusammen mit unseren Pferden erarbeiten.
Aber wir meinen, dass durch die zwei Jahre Grundausbildung nun der Grundstock für den weiteren Weg geebnet ist.
Unser Ziel der Ausbildung war es, beide Pferde so zu gymnastizieren,
dass sie physisch und psychisch gesund bleiben.
Oberster Grundsatz von uns war, dass sich die Ausbildung immer an den jeweiligen Fähigkeiten unserer Pferde zu orientieren hat.
Es gab also keinen fixen Zeitplan in welcher Zeit Fortuna oder Kelda eine bestimmte Lektion erlernen mussten.
Es kam auf das eigene Gefühl und vor allen auf die Verantwortung gegen-
über unseren Pferden an.
Der Weg ist wie so oft schon das Ziel - und manchmal ist der Weg ganz
schön lang.
Sich stetig selbst zu reflektieren, zu hinterfragen, und auch den Mut zu haben, in den Spiegel zu gucken, den unsere beiden Pferde uns jeden Tag vor die Nase halten - das ist unsere persönliche Interpretation von Reitkunst.
Das oberste Gebot bei der Ausbildung hieß und heißt immer noch „Loben“ und vor allem nachgeben!
Unsere Pferde sollten nicht nur funktionieren und gehorsam sein, sondern wirklich
gerne mitmachen, dieses erreicht man mit Geduld und Einfühlungsvermögen.
Unsere Beiden reagieren sofort, wenn wir einen Fehler machen, wir müssen nur zuhören und dem Pferd nicht die Schuld dafür geben, wenn eine Lektion nicht gelingt.
Unsere Pferde sind unsere besten Lehrer. Hören wir also ganz genau hin!
Grundsätzlich stellen wir fest, dass die Ausbildung des Islandpferdes nach klassischen
Grundsätzen sich prinzipiell nicht von der Ausbildung anderer Pferderassen unterscheidet.
Wenn ein Islandpferd bei den klassischen Seitengängen vom Trab in den Tölt oder
in den Pass ausweicht, ist dies nicht unbedingt ein Problem, sondern eher ein Symptom, welches uns sagt, dass irgendwo ein Fehler bei dieser Lektion aufgetreten ist oder eine psychische oder physische Blockade vorliegt.
Bei einem Großpferd, dass kein Tölt kennt, wird in derselben Situation vielleicht Takt und Losgelassenheit verlieren, was nicht so offensichtlich auffällt, wie der Wechsel in den Tölt oder Pass.
Das Islandpferd zeigt hier also viel genauer, ob die einzelnen Lektionen korrekt
geritten werden.
Im November 2013 haben wir Kelda zu uns geholt. Ihre Ausbildung begann im März 2014,zu dem Zeitpunkt war sie fast 6 ½ Jahre alt.
Kelda ist eine sehr sensible und intelligente Stute, sie arbeitet konzentriert
mit und ist sehr fleißig.
Sie regiert sehr nervös und angespannt, wenn sie etwas nicht sofort versteht.
Dieses Verhalten maßregelt uns, konsequent auf uns und unseren Sitz zu achten und auch mal wieder einen Schritt zurück zu gehen.
Sie ist beim Reiten so leicht wie eine Feder, kleinste Hilfen spürt sie sofort,
man muss wirklich mit ganz leichter Hand reiten sonst rollt sie sich ein.
Dies ermahnt uns dann, wieder den Zügel loszulassen und Kelda in eine entspannte Dehnungshaltung zu entlassen, um ihr dann erneut die Hand sehr höflich, gefühlvoll
und geduldig anzubieten. Dies machen wir so lange, bis sie den Kontakt wieder ruhig
und entspannt zu uns aufnimmt.
Den Tölt haben wir bei Kelda während der Grundausbildung komplett weggelassen.
Dafür gab es einen klaren Grund:
Sie bot gar keinen Tölt an. Somit konnten wir uns während der Ausbildung nur auf
die drei Grundgangarten konzentrieren, was die ganze Sache sehr erleichterte.
Über die Ausbildung des Tölt bei Kelda berichten wir später…
Fortuna haben wir gekauft, da war sie ein halbes Jahr alt. Mit 1 ½ Jahren haben wir sie aus Island zu uns geholt.
Ihre Ausbildung begann im Juli 2014, da war sie gerade 4 Jahre alt.
Fortuna hingegen ist eine sehr dominante und selbstbewusste jungen Stute,
die eigentlich schnell lernt und mit sehr viel Freude und Charme dabei ist.
Manchmal ist sie sich leider selber im Weg, da sie einen ausgeprägten Dickkopf hat und man mit ihr oft diskutieren muss, wer hier der Chef ist.
Sie versucht oft, den bequemeren, nicht so anstrengenden Weg zu gehen.
Dieses Verhalten fordert sehr viel Konsequenz, Geduld und Ruhe von uns.
Die schönste Bestätigung für uns ist, wenn Fortuna sich uns dann zuwendet, sich mental öffnet und durch Abschnauben, Grummeln und Wiehern bei der Arbeit ihr Wohlbefinden kommuniziert.
Dadurch, dass Fortuna eine Fünfgängerin ist, und der Tölt und Pass auch während der Grundausbildung immer wieder aus ihr raussprudelte, war die Ausbildung auch ein wenig komplizierter.
So nahm der Trab während der Grundausbildung bei Fortuna einen größeren
Stellenwert ein.Naturtölter traben unter dem Reiter oft nicht von sich aus.
Es bedarf anfänglich der aktiven Einwirkung des Reiters mit dem Kreuz,
um den Takt zu halten.
Es hilft hier nicht, mit übermäßig langen Zügeln und vorgeneigtem Oberkörper das
Pferd in den Trab zwingen zu wollen. Es wird dadurch eher auf die Vorhand und
in den Pass fallen.
Wenn Gangpferde nicht traben wollen, ist fast immer der Sitz des Reiters die Ursache.
Die rasche Fußfolge des Islandpferds lässt dem Reiter keine Zeit, lange über den richtigen Zeitpunkt einer Schenkeleinwirkung nachzudenken. Er muss einfach das Gefühl für den richtigen Rhythmus entwickeln.
Auch hier sind die Seitwärtsgänge gute Übungen, ein Gefühl für den richtigen Zeitpunkt der Zügel und Schenkeleinwirkungen zu bekommen.
Auch ist der Galopp von Fortuna eine Herausforderung, den wir auch nach der Grundausbildung noch weiter erarbeiten müssen.
Sie zeigt, wie viele Fünfgänger, ein starkes Bestreben, im Galopp mit den Hinterbeinen zu laufen, anstatt zu springen.
Dies macht im Arbeitsgalopp oder gar im versammelten Galopp größte Schwierigkeiten.
Auch für die Ausbilduag des Galopps sind die klassischen Seitwärtsgänge die Grundlage.
Das Pferd wird durch diese Lektionen hinsichtlich Kraft und Geschmeidigkeit auf die
Anforderungen des Galopps vorbereitet.
Am Anfang der Ausbildung stellten wir uns die Frage, ob wir unsere Pferde selbst ausbilden können oder es lieber einem „Profi“ überlassen sollten.
Selbst auszubilden war im Nachhinein die richtige Entscheidung gewesen!
Dieses haben wir mit Unterstützung und in enger Zusammenarbeit mit
Jónína Vignisdóttir und später Stefanie Staudinger erreicht.
Was Jónina und Stefanie uns in den Reitstunden beibrachten, haben wir selbständig vertieft und weiter erarbeitet.
Rückblickend betrachtet, waren das zwei spannende Jahre, die uns mit unseren beiden Pferden sehr eng zusammen haben wachsen lassen.
Wir sind der Meinung, dass unser Konzept aufgegangen ist.
Wir sind gespannt auf die Zukunft, denn wir alle wollen noch gemeinsam
viel lernen.
Der Weg ist das Ziel!